Friedenskomitees - wenn MediatorInnen sich zusammentun....
Foto: Karoline Caesar
Ich
lernte Mediation zuallererst von den Menschen, die hier oben im Foto abgebildet
sind. Ein Friedenskomitee bestehend aus 14 Mediatorinnen und Mediatoren
von MIPAREC - Ministère Paix et Réconciliation Sous la Croix, einer Organisation von Quäkern in Burundi.
Sie und elf andere Friedenskomitees haben
mir gezeigt, wie sie Mediation nutzten, um die Verbrechen des
Bürgerkriegs mit den Menschen gemeinsam zu verarbeiten. Sie haben mir
von den vielen kleinen Einzelschritten berichtet, die bei den oft sehr
komplexen Landkonflikten zu beachten sind, die sich bisweilen über
Jahrzehnte hinziehen. Von Dritten habe ich von ihrem Engagement in der
Zeit des Bürgerkriegs erfahren - z.B. in der vorderen Reihe die dritte
von rechts ist die Präsidentin des Komitees, sie hat im Bürgerkrieg als
blutjunge Grundschullehrerin Schutzmaßnahmen für ihr Dorf ausgehandelt -
ihre Verhandlungspartner waren Rebellen, die seit Monaten ihr Dorf
plünderten und allen Gewalt antaten, die nicht schnell genug fliehen
konnten. Sie hatte Erfolg. Die Lösung? Die Rebellen sagten den
Dorfbewohnern ab da rechtzeitig Bescheid, wenn sie das nächste Mal in
ihr Dorf kamen - diese verließen dann vorher ihre Häuser, die Rebellen
zogen durch das Dorf, nahmen weniger mit als sonst, dann ging die
Bevölkerung wieder zurück in ihre Häuser.
Das Modell "Friedenskomitee"
Das
Modell der Friedenskomitees ist mittlerweile in ganz Burundi eine
Erfolgsstory geworden, insgesamt gibt es jetzt über 400 Komitees. Jedes
Komitee ist als Verein registriert, und fast alle von MIPARECs Komitees
haben sich selbst auf Eigeninitiative eines oder mehrere Engagierter im
Bürgerkrieg gegründet. Zu dieser Zeit waren es v.a. solche, die eine
Reputation als friedliebende Menschen hatten. MIPAREC schulte sie in
Methoden der Mediation, diese wurden kombiniert mit burundischen
Traditionen bzw. kulturell angepasst. Nach dem Krieg bauten die Komitees
die Häuser für rückkehrende Flüchtlinge und Binnenvertriebene mit auf
und begleiteten den Prozess der Reintegration dieser Menschen.
Vom Mediant zur Mediator
Nach
erfolgreichen Mediationen schlossen sich ihnen MediantInnen aller
gesellschaftlicher Kategorien an - Witwen, Lehrerinnen, ehemalige
Kindersoldaten, Rebellen, Täter und Opfer. Dadurch erhielt das Komitee
Zugang zu all diesen sozialen Gruppen und gewann noch mehr
Glaubwürdigkeit. Wenn sie sich in einer Problemsituation einig waren,
hatte das sehr viel Gewicht, da sie überparteilich im Sinne aller
sprachen und agierten.
Ich habe die Arbeit der Komitees als Beraterin vom Weltfriedensdienst mit meinem damaligen burundischen Kollegen dreieinhalb Jahre lang dokumentiert und ein Methodenhandbuch aufgeschrieben. Hier sind alle diese Publikationen zu finden.
Weshalb sie mich inspirieren
Inspiration
und Bewunderung für die Arbeit der Mediatorinnen und Mediatoren in
Burundi haben mich veranlasst, mich als Mediatorin ausbilden zu lassen.
Bis heute habe ich vor allem die Art und Weise des Umgangs miteinander
und mit MediantInnen verinnerlicht.
Sie ist in meiner
Erinnerung sehr viel wärmer als hier, die Empathie spielt eine ganz
entscheidende Rolle. Gleichzeitig haben die Konfliktparteien alle Zeit
der Welt, um zu reden. Sie werden nicht so schnell unterbrochen, sondern
da ist ganz viel Geduld beim Zuhören. Wenn es Stunden dauert, bis
jemand fertig ist, dann dauert es halt Stunden. Manchmal nimmt man auch
mal eine Person bei der Hand oder berät sie. Shuttle-Mediation wird
häufig angewandt. Die Community oder erweiterte Familie ist manchmal
dabei oder hört sich zumindest zum Schluss das Ergebnis an.
Unentgeltlich müssen Mediationen sein, damit niemand ausgeschlossen wird
und damit die Komitees ihre Integrität bewahren.
Noch mehr Interesse an Details? Hier
gehts zu einem ausführlicheren Artikel über Mediationsmethoden in
Burundi.
Nachtrag Mai 2020: Vor einigen Monaten hat sich außerdem ein deutscher Journalist
näher für die Komitees interessiert - ich konnte ihn mit meinen
MIPAREC-Kollegen vernetzen, und im Brandeins Magazin Februar 2020
erschien dieser Artikel über sie.